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Sport

Die tectake Arena ist bei den Heimspielen der Würzburg Baskets so gut wie immer voll – und höllisch laut; eine wahre „Turnhölle“ für die Gegner der Baskets. Foto: Victor Meshko

Sportmagneten vom Grabfeld bis nach Würzburg

Bad Königshofen und Würzburg eint auf den ersten Blick nicht viel. Auf der einen Seite die beschauliche Kurstadt im Grabfeld mit ihren nur rund 6.000 Einwohnern. Auf der anderen Seite die mainfränkische Metropole mit unzähligen Verwaltungssitzen, Kirchen und Geschäften. Und doch haben Bad Königshofen und Würzburg etwas gemeinsam: In beiden Städten ist je ein sportlicher Erstligist beheimatet, der als Zuschauermagnet gilt und verstärkt ans Tor zu den Playoff-Rängen anklopft. Nur die Größe des Balls unterscheidet sich gehörig. 

Während im Grabfeld ein Tischtennisball mit einem Gewicht von lediglich 2,7 Gramm auf höchstem Niveau über die Platten fliegt, landet in Würzburg regelmäßig ein rund sechs Kilo schwerer Basketball per Dunking im Korb. In beiden Fällen begeistern die Mannschaften die Massen. Zu den Tischtennis-Heimspielen des TSV Bad Königshofen pilgern durchschnittlich rund 600 Zuschauende in die dortige Shakehands Arena, was beachtlichen 10 Prozent der Einwohnerzahl entspricht. Nur Rekordmeister Borussia Düsseldorf hatte in den vergangenen Jahren einen höheren Besucherschnitt.

Die Würzburg Baskets können bei diesem Wert zwar nicht mit den besten Klubs ihrer Klasse mithalten. Das aber liegt zuvorderst an ihrer kleinen Halle, die „nur“ 3.140 Fans fasst. Immerhin ist die tectake Arena bei den Basketball-Heimspielen so gut wie immer annähernd voll – und höllisch laut.

Die vom Bundesverband Golfanlagen mit 5 von 5 Sternen ­klassifizierte Golfanlage in Würzburg gehört zu den schönsten ­Süddeutschlands – und ist dabei nur einer von 8 Golfplätzen in Mainfranken. Foto: Golfplatz Würzburg
Die vom Bundesverband Golfanlagen mit 5 von 5 Sternen ­klassifizierte Golfanlage in Würzburg gehört zu den schönsten ­Süddeutschlands – und ist dabei nur einer von 8 Golfplätzen in Mainfranken. Foto: Golfplatz Würzburg

Stimmung gut, alles gut? Nicht ganz. Denn beide mainfränkische Vereine haben im Ligavergleich eher einen geringen Etat und müssen sich alljährlich ziemlich strecken, um einen soliden Kader auf die Beine zu stellen. Schließlich sind die sportlichen Ansprüche durchaus ambitioniert. Umso höher ist zu bewerten, dass die Tischtennisler und Basketballer regelmäßig über sich hinauswachsen, der Region so einen Imagegewinn bescheren und für einen Schwung an der Basis sorgen.

Auch in anderen Sportarten braucht sich Mainfranken definitiv nicht zu verstecken. Fußball ist bekanntlich bundesweit am beliebtesten. Aushängeschilder sind hier die Regionalligisten Würzburger Kickers, FC 05 Schweinfurt und der TSV Aubstadt. Letzterer ist übrigens genau wie der TSV Bad Königshofen im Grabfeld zu Hause. Aubstadt hat sogar weniger als 1.000 Einwohner. In der hügeligen Landschaft unweit der Rhön kann man offenbar Spitzensport. 2019 packten die Aubstädter erstmals den Sprung in die vierthöchste Spielklasse.

Gleich zweimal haben die Würzburger Kickers in den vergangenen Jahren ein Gastspiel in der Zweiten Bundesliga gegeben – und dort zunächst unter dem Trainer Bernd Hollerbach für Furore gesorgt. Denkwürdig war jedenfalls die Vorrunde der Saison 2016/17, die die Rothosen vor 12.475 Zuschauern im Stadion am Dallenberg mit einem 3:0-Heimsieg über den großen VfB Stuttgart auf dem sechsten Platz abschlossen. Dennoch stand nach einer sieglosen Rückserie am Ende der direkte Abstieg. Zum Saisonabschluss unterlagen die Kickers mit 1:4 bei eben jenen Stuttgartern, denen dadurch die Bundesliga-Rückkehr gelang. Vor der damaligen Kulisse in der Mercedes-Benz-Arena (rund 60.000 Zuschauer) hatte noch nie zuvor eine unterfränkische Sportmannschaft gespielt.

Die Corona-Pandemie und eine sportliche Talfahrt führten indessen zu einem Fanrückgang bei den Rimparer Zweitliga-Handballern, die sich im August 2022 in Wölfe Würzburg umbenannt haben. Doch dies stellte sich als kein gutes Omen heraus. Im Juni 2023 mussten die Wölfe nach exakt 10 Jahren auf diesem Niveau den bitteren Abstieg hinnehmen. Zweimal klopften die Grün-Weißen in dieser Zeit sogar an die Tür zur Bundesliga. In der Saison 2016/17 scheiterten sie erst am allerletzten Spieltag aufgrund ein paar zu wenig geworfener Tore in Lübeck an der Sensation. Sonst hätten die Gegner für den Verein aus der Marktgemeinde nördlich von Würzburg tatsächlich THW Kiel, SC Magdeburg und Rhein-Neckar Löwen geheißen.

Doch bei aller Freude über die sportlichen Höhenflüge der mainfränkischen Spitzenklubs. Es braucht immer auch Lokalmatadoren. Akteure also, die Wurzeln in der Region haben. Beim TSV Bad Königshofen ist das Kilian Ort. Seit er über die Platte schauen kann, spielt er dort Tischtennis – und blieb seinem Verein über all die Jahre immer treu. Im Januar 2023 schlug Ort erstmals in seinem Leben den ehemaligen Weltranglistenersten Timo Boll. 

Bei den Würzburg Baskets ist der Lokalmatador Felix ­Hoffmann. Der langjährige Kapitän sagte nach einem nicht mehr für möglich gehaltenen Sieg im Frühjahr 2023 in der Lokalzeitung „Main-Post“ zur Unterstützung vonseiten der Anhänger und des Umfelds: „Das ist in Würzburg eine ganz spezielle Situation, die es nicht an jedem Standort gibt. Jeder Spieler, die Trainer, die Leute im Büro. Das verleiht uns oft einen Extra-Push“. An den sich möglicherweise auch Dirk Nowitzki noch gerne erinnert. Der ehemalige deutsche Basketball-Star begann hier seine eindrucksvolle Karriere und wurde im August 2023 sogar in die Hall of Fame des Basketballs aufgenommen.

In Rimpar gelang sogar einer ganzen Spielergeneration aus dem Ort binnen weniger Jahre der Sprung von der Landes- bis in die Zweite Bundesliga. Ein solcher Lokalkolorit hat im Profisport absoluten Seltenheitswert. Und auch zu den Wölfen kamen über all die Jahre dann immer mehr auswärtige Akteure.

Neben den Mannschaftssportarten sind auch die Einzelsportarten und deren Protagonisten mehr als eine Erwähnung wert. So holte die Würzburger Schwimmerin Leonie Beck in den letzten Jahren mehrfach Gold, Silber oder Bronze über 5 und 10 Kilometer im Freiwasser. Nach ihrem bis dato größten Triumph Gold über die 10 Km bei der EM 2022 in Rom, siegte sie im japanischen Fukoka 2023 gleich über beide Distanzen und war auf einmal Doppelweltmeisterin. Damit ist sie gleichzeitig für die Olympischen Spiele 2024 in Paris qualifiziert. Die Florettfechterin Leonie Ebert hat zuletzt ebenfalls große Erfolge auf der Planche erzielt. Auch im Rudern bringen die beiden Würzburger Klubs immer wieder deutsche Meisterinnen und Meister hervor, feiern darüber hinaus auch international Erfolge. Die Aufzählung ließe sich in anderen Sportarten fortsetzen.

Doch in Mainfranken gibt’s natürlich nicht nur die Spitze. Der Breitensport erfreut sich mindestens ebenso großer Beliebtheit. So konnte nach dem coronabedingten Einbruch bei den Mitgliederzahlen der Klubs 2022 wieder die Trendwende eingeläutet werden. Zu dem Zeitpunkt waren unterfrankenweit fast eine halbe Million Menschen Mitglied in einem der insgesamt 1.627 Vereine, so die offiziellen Zahlen des Bayerischen Landes-Sportverbandes (BLSV). In Würzburg finden mit dem Residenzlauf rund um das Unesco-Weltkulturerbe und dem Stadtmarathon jährlich zwei Laufevents statt, die auf eindrucksvolle Weise Breiten- und Spitzensport miteinander verbinden. Doch auch die vielen Wettbewerbe unter freiem Himmel außerhalb der Städte, etwa im Landkreis Rhön-Grabfeld, stehen hoch im Kurs.

Die mehrfache Schwimm-Weltmeisterin Leonie Beck aus Würzburg ist eine der deutschen Medaillenhoffnungen bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris. Foto: Leonie Beck
Die mehrfache Schwimm-Weltmeisterin Leonie Beck aus Würzburg ist eine der deutschen Medaillenhoffnungen bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris. Foto: Leonie Beck

*Titelbild: Die tectake Arena ist bei den Heimspielen der Würzburg Baskets so gut wie immer voll – und höllisch laut; eine wahre „Turnhölle“ für die Gegner der Baskets. Foto: Victor Meshko